Jugendweihe Thüringen e.V. Dana Grosch
Published on
16. October 2022

Atemlos nach Hamburg

„Wir zieh‘n durch die Straßen und die Clubs dieser Stadt… oho oho… Atemlos durch die Nacht… oho oho…“ dröhnte es im ICE nach Hamburg durch eine kleine Lautsprecherbox. Die dazugehörige Damengruppe mittleren Alters sang lautstark mit – Textsicherheit war dabei nebensächlich. Unterbrochen wurde der kulturelle Beitrag durch das Öffnen von diversen Piccoloflaschen und mir bis dato unbekannten Trinksprüchen, wie „Delirium Delarium – voll wie ein Aquarium!“. Betroffen schaute ich mich zu meiner mir anvertrauten Jugendgruppe um. Alle saßen lautlos und brav auf ihren Plätzen, hatten Kopfhörer in den Ohren, den Blick starr auf das Handy gerichtet (Unterhaltungen waren bei der Lautstärke im Abteil so wieso nicht möglich) und nebenbei wurde die Brotbüchse, auch Chipstüte genannt, genüsslich geleert. „Richtig so“, dachte ich mir und atmete tief durch. Wenigstens bekamen die Jugendlichen das Gejodel nicht mit und ich hoffte nur, dass alle Handyakkus vollständig aufgeladen waren, um die geplanten vier Stunden Zugfahrt durchzuhalten. Leider hatte ich, als Einzige der Gruppe, meine Kopfhörer zu Hause vergessen. Pech gehabt und so durfte ich die ganze Zugfahrt mich durch ein Sammelsurium von Schlagerhits quälen. Als wir endlich am Hauptbahnhof in Hamburg ankamen, wäre ich am liebsten vor Freude in die Luft gesprungen, um der Damengruppe, die in der letzten Stunde von einer Altherrengruppe stimmlich und ebenfalls trinksicher ergänzt wurde, endlich zu entkommen. Das Stimmengewirr am Bahnhof war wie Mozart in meinen Ohren. Erwartet wurden wir bereits von Ronald, dem Betreuer der Jugendgruppe aus Kassel. Ich strahlte ihn knülle an und sagte: „Ich bin atemlos, bitte frage nicht warum!“.

Foto: Dana Grosch

Unsere diesjährige Hamburgfahrt war zugleich ein Jugendaustausch. Eine Gruppe kam aus Thüringen und die andere Gruppe aus Kassel, die sich in Hamburg zum ersten Mal für ein langes Wochenende trafen, um gemeinsam die Stadt zu erkunden. Angefangen von dem Besuch des Panoptikums, einer geführten Tour durch Sankt Pauli und weiteren Highlights der Stadt, wie der Elbphilharmonie und Speicherstadt, einer Hafenrundfahrt und dem abschließenden Besuch des Dungeons. In der Freizeit huschten einige Jugendliche noch atemlos durch die Geschäfte, bis der Geldbeutel ächzte.

Auf unserem Hamburger Programm stand eine bunte Mischung an Erlebnissen und am Abend spielten wir gemeinsam Werwolf sowie unzählige Male UNO. Berührungsängste gab es nicht und bereits wenige Stunden nach dem ersten Zusammentreffen gluckten die Jugendlichen eng beisammen. Beim Betten beziehen in der Jugendherberge hatten alle viel Spaß, da einige Jugendliche zum ersten Mal diese Aufgabe ohne die Hilfe der Eltern allein erledigen mussten. Am Ende schliefen alle Teilnehmer*innen in mehr oder weniger akkurat bezogenen Betten.

Der Abschied am Sonntag fiel uns allen nicht einfach. In dieser kurzen Zeit waren die Jugendlichen zu einer Gruppe zusammengewachsen und zwei Pärchen hatten sich auch noch gefunden. Es ist wie immer, wenn es am schönsten ist, ist es schon wieder zu Ende.

„Wann sehen wir uns wieder?“, fragten einige Jugendliche kurz vor der Rückfahrt. „Lasst uns diesen Jugend Jugendaustausch in Hessen oder Thüringen wiederholen“, meinten Ronald und ich spontan. Alle waren von der Idee begeistert. Also planen wir im kommenden Jahr gemeinsam mit den Jugendlichen ein Treffen und sind schon jetzt auf die nächste hessisch-thüringische Begegnung gespannt.

Daraus kann eine Tradition werden – atemlos wird sie nicht sein!

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