Jugendweihe Erfurt e.V. Mosawer Kodamani
Published on
4. November 2024

Vom Jugendweiheteilnehmer zum FSJler

Am 12.09.2020 war es endlich soweit: Nach langer Ungewissheit und Verschiebungen aufgrund der Corona-Pandemie konnte ich meine Jugendweihe im Parksaal des Steigerwald Stadions in Erfurt feiern. Ich ahnte damals nicht, dass dieser Tag mir noch lange in Erinnerung bleiben würde – nicht nur wegen der besonderen Umstände durch Corona, sondern auch, weil er für mich persönlich ein völlig neues Erlebnis darstellte. Da ich nicht in Deutschland geboren wurde, war mir die Jugendweihe und ihre Bedeutung bis dahin unbekannt. Meine Eltern hatten diese Tradition ebenfalls nicht erlebt, und so stellte sich mir eine Reihe von Fragen: Was genau feiert man dort? Ist es religiös? Gehört es zu einer bestimmten Kultur?

Diese Fragen begleiteten mich eine Weile, doch zum Glück konnte mir meine „deutsche Oma“ (Gabi Wießner), die bei der Jugendweihe arbeitete, all diese Fragen beantworten. Mit der Zeit verstand ich, dass die Jugendweihe ein wichtiger Schritt ins Erwachsenenleben ist, ein Moment, der das Erwachsenwerden symbolisiert und gefeiert wird. Besonders war für mich auch, dass ich an diesem Tag von Dana Grosch, der Leiterin der Jugendweihe, persönlich begleitet und zum Veranstaltungsort gefahren wurde. Damals kannte ich sie noch nicht, doch wie es das Leben so wollte, arbeite ich heute, Jahre später, mit ihr zusammen im Rahmen meines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ). Diese Verbindung macht den Tag im Nachhinein noch bedeutungsvoller für mich.

Die Feier selbst war trotz der Corona-Auflagen hervorragend organisiert. Natürlich mussten wir alle Hygienemaßnahmen einhalten, aber die Atmosphäre war dennoch feierlich und voller Vorfreude. Einige lustige Momente entstanden, als wir auf der Bühne standen, und es war mein erster wirklicher Schritt in Richtung Zukunft. Auch wenn die Jugendweihe keine direkten Auswirkungen auf mein Leben hatte, war sie doch ein wichtiges Symbol dafür, dass Erwachsenwerden nicht nur eine Zahl ist, sondern eine Reise, die gefeiert werden sollte. Der Tag war wunderschön und bedeutete mir viel – auch wenn ich nicht ahnte, dass diese Veranstaltung später mein berufliches Leben beeinflussen würde.

Nach meiner Schulzeit entschied ich mich dazu, ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) zu machen. Wie bei vielem war es wieder meine deutsche Oma, die mich auf die Idee brachte, dies bei der Jugendweihe zu tun. Obwohl sie mir riet, mir auch andere Möglichkeiten anzuschauen, wusste ich sofort, dass ich hier richtig bin. Mein erstes Gespräch mit der Jugendweihe bestätigte diesen Eindruck: Ich wurde offen und freundlich aufgenommen, und so begann mein FSJ am 02.09.2024. Schon an meinem ersten Tag fühlte ich mich willkommen und war sicher, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte.

In den vergangenen Wochen habe ich viel über die Arbeit hinter den Kulissen der Jugendweihe gelernt. Es geht nicht nur um die Feiern selbst, sondern auch um das Organisieren von Workshops, Projekten, Tagesfahrten und vielen anderen Aktivitäten, die das ganze Jahr über stattfinden. Was für die Teilnehmenden nur ein einzelner Tag ist, erfordert in Wirklichkeit monatelange Planung und Vorbereitung. Die Arbeit hier hat mir gezeigt, wie viel Energie und Engagement hinter solchen Veranstaltungen steckt. Es ist faszinierend zu sehen, dass dieser Ort nicht nur ein Arbeitsplatz ist, sondern ein Raum, in dem man weit mehr lernt als nur organisatorische Aufgaben. Hier lerne ich, was es bedeutet, Teil eines Teams zu sein, Verantwortung zu übernehmen und wie man eine positive Arbeitsatmosphäre schafft – Dinge, die ich von Dana jeden Tag mitnehme. Sie zeigt mir, wie man als Leiterin kompetent führt und ein Umfeld schafft, in dem man gerne arbeitet. Diese Fähigkeiten werde ich auch in Zukunft nutzen können.

Ich helfe jetzt bei organisatorischen Aufgaben und allem, was im Alltag anfällt, und es ist ein gutes Gefühl, Teil dieses Teams zu sein. Durch mein FSJ habe ich jetzt schon Seiten an mir entdeckt, die mir während meiner Schulzeit verborgen geblieben sind. Es ist eine Möglichkeit, mich persönlich weiterzuentwickeln und gleichzeitig einen wertvollen Beitrag zu leisten.

Ein besonders prägendes Kapitel begann, als ich an einem Workshop der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) teilnahm. Der Workshop drehte sich um die Themen Demokratie, Diskriminierung und Aufklärung und öffnete mir die Augen für neue Perspektiven. Es war spannend zu sehen, wie viele der teilnehmenden Jugendlichen Vorurteile gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund hatten. Einige waren sogar AFD-freundlich und sahen in Menschen mit einem anderen kulturellen Hintergrund ein Problem. Als sie meine Geschichte hörten und verstanden, dass ich selbst nicht in Deutschland geboren wurde, begann sich ihre Sichtweise langsam zu ändern. Sie merkten, dass man nicht alle Menschen in eine Schublade stecken kann und dass jeder seine ganz eigene Geschichte hat. Zu sehen, wie ihre Haltung Stück für Stück offener wurde, hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, über Vorurteile zu sprechen und sie abzubauen.

Ermutigt durch den Workshop und das Team der Jugendweihe beschloss ich, mein eigenes Projekt ins Leben zu rufen. Mein Ziel ist es, Jugendliche aufzuklären und ihnen zu zeigen, dass Vorurteile die Gesellschaft spalten, während Offenheit und Respekt sie stärken – und Respekt ist die Währung der Welt, was junge Menschen verstehen sollten. Besonders in den sozialen Medien verbreiten sich oft falsche Informationen, und viele Jugendliche haben ein verzerrtes Bild von Menschen mit Migrationshintergrund. Mit meinem Projekt möchte ich genau hier ansetzen und den Jugendlichen helfen, diese Vorurteile zu hinterfragen und eine aufgeklärte Sicht auf die Welt zu entwickeln.

Die Idee für das Projekt kam so gut an, dass ich bereits einen Antrag auf Förderung beim LAP Erfurt gestellt habe, und dieser wurde genehmigt. Das Projekt ist jetzt in der Aufbauphase, und obwohl ich zuversichtlich bin, dass es erfolgreich wird, begleiten mich doch einige Sorgen und Zweifel. Ich frage mich, wie es aufgenommen wird und ob ich wirklich alle Jugendlichen erreichen kann. Gleichzeitig gibt mir die Unterstützung von Maike Schökel die nötige Sicherheit und Motivation. Ihre Erfahrung und Ermutigung sind für mich eine wichtige Stütze, und ich bin sehr dankbar, sie an meiner Seite zu haben. Wenn alles gut läuft, plane ich, das Projekt 2025 in größerem Rahmen zu starten, um mehr Menschen zu erreichen und ein tieferes Bewusstsein für Respekt und Offenheit zu schaffen.

Die Reise hat gerade erst begonnen, und ich bin gespannt, wohin sie mich führen wird. Mein FSJ hat mir Türen geöffnet, von denen ich vorher nicht einmal wusste, dass sie existieren. Es hat mir die Möglichkeit gegeben, nicht nur etwas über mich selbst zu lernen, sondern auch aktiv etwas Positives zur Gesellschaft beizutragen. Im nächsten Artikel werde ich euch mehr über den Fortschritt meines Projekts erzählen und vielleicht auch schon erste Erfolge teilen können. Bleibt gespannt! Euer Mo.

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